Die Welt begehrt das, was laut ist und glänzt. Gott hingegen ist oft leise. Er beginnt große Werke mit einzelnen oder mit wenigen. Seine Werke sind am Anfang meist nicht größer als ein Senfkorn, das aber zu einem Baum heranwächst, der größer wird als die anderen Gewächse (vgl. Mt 13,31f.). Deshalb müssen wir ernst nehmen, was Gott in der Seele eines Kindes oder eines jungen Menschen tut. Junge, gläubige Eheleute, die im Vertrauen auf Gott ihren gemeinsamen Lebensweg gehen, sind vielleicht berufen, die Eltern künftiger Heiliger oder großer Männer oder Frauen zu werden. Gott wendet sich durch seinen Heiligen Geist an alle Menschen. Er spricht mit seiner Stimme in das Gewissen aller Menschen. Er tut es auf uns unbekannten Wegen. Große und besondere Werke in der Kirche und in der Welt beginnt er oft in der Stille und lässt sie in der Stille wachsen.
In der Enzyklika Spe salvi zitiert Papst Benedikt XVI. die Worte des heiligen Bernhard von Clairvaux. „Das Menschengeschlecht lebt von wenigen, denn würde es diese nicht geben, würde alle Welt zugrunde gehen“ (Spe salvi 15). Es ist ein Prinzip der Heilsgeschichte, dass Gott große Dinge durch wenige tut. Er macht einzelne Menschen zu Trägern der Erneuerung und zu Kanälen des Segens für viele. Schon im Alten Bund hat der fromme Judas Makkabäus gläubig bekannt: „Es kann leicht sein, dass viele wenigen in die Hände fallen; für den Himmel macht es keinen Unterschied, ob er durch viele oder wenige Rettung bringt. Denn der Sieg im Kampf liegt nicht an der Größe des Heeres, sondern an der Kraft, die vom Himmel kommt“ (1 Makk 3,18f.). Dasselbe erfuhr David, als er gegen Goliath kämpfte, oder Judith und Ester, die als mutige Frauen ihr Volk gerettet haben. Was Gott für viele will, wird oft von wenigen ausgeführt. Die Kirche hat die Sendung, zu allen Völkern zu gehen und alle Menschen zu Jüngern Christi zu machen. Dennoch ist wahr: Die geistliche Kraft der Kirche hängt nicht allein von der Zahl ihrer Glieder ab. Um seine Werke zu vollbringen, braucht Gott nicht unbedingt viele, sondern gläubige Menschen. Davon war der heilige John Henry Newman überzeugt. Es sagte, es sei ein Merkmal der Vorsehung Gottes, „wenige zu Kanälen seiner Segnungen für viele zu machen. ... Alle großen Werke werden nicht von der Masse, sondern vom tiefverwurzelten Entschluss weniger vollbracht“ (DP I, 321.325). Die wenigen, die einen Auftrag für die vielen haben, müssen aber bereit sein, das eigene „Ich“ zurückzustellen und sich ganz und ohne Zögern dem Willen Gottes zur Verfügung zu stellen.