Veröffentlicht am
14.11.2023
Autor
Pater Thomas Felder
Ort
Göfis

Carl Lampert - ein Held des Glaubens

Predigt von Pater Thomas Felder FSO

Vor 79 Jahren wurde Carl Lampert am 13. November mit dem Fallbeil ermordet. Das Reichsgericht verurteilte ihn wegen "Begünstigung von Zwangsarbeitern" und anderen "Delikten" zum Tode. Das jährliche Gedenken an den großen Göfner fand im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes mit Bischof Benno Elbs statt.

Pater Thomas Felder FSO hat in seiner Predigt in der Pfarre St. Luzius und Seliger Carl-Lampert die Bedeutung des Seligen für das Heute herausgestrichen. Lesen Sie hier die ganze Predigt:

 

 

Lieber Bischof Benno!
Liebe Schwestern und Brüder!

Mit dem seligen Carl Lampert haben wir einen kostbaren Schatz in unserer Diözese. Er hat uns ein starkes Vermächtnis hinterlassen, das vor allem durch das Carl-Lampert-Forum und den Carl-Lampert-Freundeskreis gepflegt und lebendig erhalten wird. Dieses Vermächtnis tragen auch jene Gläubigen weiter, die den Seligen verehren, die zu ihm beten und ihn in verschiedenen Nöten bestürmen. 

Seit der Seligsprechung rufe ich Carl Lampert täglich an. Ich und andere haben die Erfahrung gemacht, dass man mit seiner Fürsprache rechnen kann. Ja, Carl Lampert ist uns ein starker Fürsprecher am Throne Gottes, auf den man sich verlassen kann. Warum sollte er sich nicht mit jener Entschlossenheit für die Kirche und die Menschen heute einsetzen, mit der er sich in der NS-Zeit engagiert hatte? Zugegeben, ab und zu hatte ich den Eindruck, dass er meine Anliegen nicht entschieden genug vor Gott gebracht hat. Aber da war wohl die Stunde Gottes, mich zu erhören noch nicht gekommen oder mein Glaube an seine Vermittlung zu klein.

Helden gesucht!

Das Leben von Carl Lampert können wir von verschiedenen Seiten her beleuchten: von seinem gesellschaftspolitischen Einsatz her, von seinem Engagement für die Menschen oder vom historischen Blickwinkel aus. Ich lade euch ein, heute auf Carl Lampert als Seligen, als Märtyrer zu schauen.

Da stellt sich die Frage: Was ist ein Märtyrer? Ein Märtyrer ist mehr als ein Freiheitskämpfer, mehr als ein Widerstandskämpfer, der dabei starb. Die Märtyrer der Kirche sind Menschen, Frauen und Männer, die wegen ihrer entschiedenen Freundschaft mit Christus zu Tode gebracht wurden. Märtyrer sind Getaufte, die für den katholischen Glauben geradegestanden sind und das sonntägliche Credo bis in den Tod hinein durchgestanden haben. Märtyrer sind Gläubige, die wegen ihrer Zugehörigkeit zur Kirche und wegen ihres Einsatzes für deren Freiheit getötet wurden. Märtyrer sind gestorben wegen ihrer Liebe zu Jesus oder wegen des kostbaren Gutes des katholischen Glaubens oder für die Kirche und ihre Freiheit.

Vielleicht geht es euch wie mir: Wenn ich zu Carl Lampert hochschaue, dann drängt sich mir oft die Bitte der Apostel auf, die Jesus baten: „Herr, stärke unseren Glauben!“ Übrigens: Bei der Dorfeinfahrt in Göfis – von Rankweil kommend - steht bei einer Firma auf einem Plakat das passende Wort: „Helden gesucht!“ Dieses Plakat kann uns daran erinnern, dass wir Helden wie Carl Lampert brauchen. Helden und Heldinnen eines gelebten Glaubens und eines gelebten Kirche-Seins sind auch heute gesucht – nicht nur in Göfis. Unser Seliger ist nach und nach ein Held der Tugend und des Glaubens geworden. Auch sein Glaube musste vom kleinen Senfkorn zu einem großen Baum heranwachsen. Auch er musste durch Kreuz und unsagbarem Leid geläutert werden und konnte so zu einer kostbaren Gabe für Gott, die Kirche und für andere werden. Wir sehen: Heilige fallen eben nicht vom Himmel. Das ist eine trostvolle Botschaft an uns, die wir als Getaufte gerufen sind, den Weg der Heiligkeit entschlossen zu gehen.

Das große Vermächtnis

Drei Vermächtnisse möchte ich heute in Erinnerung rufen und den Seligen selbst zu Wort kommen lassen. Sie sind brandaktuell.

1. Sein Gottvertrauen in schwierigster Zeit, in auswegloser Zeit

Die Haltung, mit der er zum Schafott gegangen ist, ist bekannt und bewundernswert. Ein langer Reifungsprozess liegt hinter ihm. Als Kaplan war er gesellig und gerne auf Festen dabei. Einen Tag nach der Urteilsverkündigung schreibt er:

»Alles steht in Gottes Hand, auf ihn vertraue ich, seinen Willen erfüllen will ich und bin bereit – auch zum Letzten! Nun ist alles nur noch ein Wettlauf der Zeit mit dem Tode – und irgendeine Erlösung naht!«
Seliger Carl Lampert

Die Worte und Taten unseres Seligen ermutigen uns, uns in Gottes Hände zu werfen, uns ihm zu überlassen im Wissen, dass er besser weiß, was uns und der Welt dient. „Alles steht in Gottes Hand, auf ihn vertraue ich.“ Sein Vertrauen wurde maßgeblich gespeist von seinem Glauben an Jesus, den Sieger. Er schrieb bereits vor seiner Inhaftierung: „Sollten auch noch schwere Tage kommen, ganz gleich, wir wissen um die Sieghaftigkeit unseres herrlichen Glaubens, und Gott ist gut, was immer er zulässt…, ich durfte es erfahren …!“ Gottvertrauen aus sieghaftem Glauben – ein erstes Vermächtnis.
 

2. Seine Opferbereitschaft nach dem Vorbild Jesu Christi

Bekanntlich gibt es keine Religion ohne Opfer. Jesus ist, so betont es das Neue Testament an vielen Stellen, einen Opfertod der Liebe gestorben, stellvertretend, um die Menschheit aus Sünde und Tod zu erlösen.

Carl Lampert ist zunehmend in die erlösende Opferhaltung Jesu hineingewachsen. Aus dem Gefängnis schrieb er:

»Das ist heute ein trostvoll erlebtes Wissen, dass die Opfer dieser Zeit Beitrag sein dürfen zum Segen für das Gute, so wollen wir die gegenwärtig so sorgenvolle Lage sehen, die der Herr für unser Kirchengebiet zugelassen hat… Das alles hat tieferen Sinn - deswegen freut auch ihr euch und freut euch mit mir.«
Seliger Carl Lampert

Die Nöte seiner Zeit – so kann er es zunehmend sehen – gewinnen einen tieferen Sinn. Seine Inhaftierung, die Not der Kirche seiner Zeit – all das hat einen tieferen Sinn. Die bewusste Teilhabe an der schrecklichen Not seiner Zeit, die er hautnah erfahren hat, aber auch die Gewissensnot so vieler, die er an sich herangelassen hat, verstand er als „Beitrag zum Segen für das Gute“. Aber er bleibt beim Opfer nicht stehen, sondern er erfährt das Geheimnis, dass aus der bewussten Teilnahme an der Not so vieler eine innere Freude und ein innerer Friede erwachsen. An diesem Punkt seines geistlichen Lebens spüren wir, wie tief er in die Christusfreundschaft hineingereift und frei von sich selbst geworden ist. Hier lohnt es sich zu überlegen, welche Bedeutung für ihn die Darbringung der Eucharistie, des unblutigen Opfers Christi auf dem Altar, hatte. Sein zweites Vermächtnis lautet: Das Opfer, das mit Christus verbunden gelebt wird, ist Beitrag zum Guten, zur Lösung und Erlösung.


3. Seine Liebe zur Kirche
 

Dieses Vermächtnis brauchen wir heute dringend. Die Kirche ist zum Teil zu Recht und zum Teil zu Unrecht in Schlagzeilen geraten. Das Vertrauen in die Kirche ist bei vielen erschüttert worden.

Unser Seliger lebte in dieser Hinsicht in einer ganz anderen Situation. Als Priester und erst recht als Provikar genoss er automatisch Ansehen. Die Kirche stand bei den Gläubigen weitgehend in gutem Ruf.

Aber Carl Lampert sieht tiefer. Das wird bei einem der Verhöre deutlich. Der verhörende NS-Kommissar sprach zu ihm: „Ich werde Ihnen einen guten Posten verschaffen, wenn Sie das Priestertum und die Kirche verlassen!“ Darauf antwortete Lampert:

»Herr Kommissar, ich liebe meine Kirche. Ich bleibe meiner Kirche treu und auch dem Priesteramt. Ich stehe für Christus und liebe seine Kirche!«
Seliger Carl Lampert

Was fällt auf? Im Zentrum der Liebe von Carl Lampert zur Kirche steht Christus, denn sie ist seine Gründung. Weil er Jesus liebt, liebt er auch die Kirche, die Gemeinschaft der Glaubenden und Getauften. Er ist fest davon überzeugt, dass die Kirche ein Geschenk Jesu ist und eine Sendung für das Heil der Menschen hat. Sie gleicht einer kostbaren, strahlenden Perle. Aber zu oft liegt sie im Schmutz von Sünde und Versagen der Getauften. Die Perle büßt nichts von ihrer Kostbarkeit ein, aber sie muss vom Schmutz gereinigt werden. Das Vermächtnis des Göfner Seligen lautet: "Ich stehe für Christus und liebe seine Kirche!“ und wir können hinzufügen: trotz ihrer Fehler und Sünden, die es auch damals gab; etwa weil viele, auch Hirten, nicht genügend zum Bekenntnis bereit waren.

Liebe Schwestern und Brüder,

wir haben allen Grund, voller Wertschätzung und Hochachtung zu Carl Lampert aufzuschauen. Er hat uns in vielfacher Weise ein aktuelles Vermächtnis hinterlassen. Lasst uns ihn als Fürsprecher oft und vertrauensvoll anrufen, damit „Menschen wieder Menschen werden und Christus wieder Herr und König sei“ (Carl Lampert).
 

Amen.


Pater Dr. Thomas Felder FSO